Harald Glööckler: „Manchmal wache ich nachts auf und alles tut mir weh“

Harald Glööckler

Melanie Meiritz streicht einer Dame die Creme mit beiden Händen auf die Wangen. „Ich nenne diese Creme immer das Wirkstofftaxi“, sagt sie, „weil das direkt tief einzieht.“ Dann reibt sie auf dem Dekolleté der Frau herum. „Es ist wichtig, auch das Dekolleté mit einzubeziehen“, sagt die 50-jährige Creme-Entwicklerin. „Denn das ist das große Gesicht.“ Harald Glööckler sitzt am Rand der Bühne auf einem Sessel und kommentiert von dort die Szene: „Das ist ja oft das einzige, wo Männer hinschauen.“

Es ist 11.15 Uhr morgens im Kleinen Wintergarten, Hotel Adlon, Pariser Platz. Der bekannte Modemacher Harald Glööckler hat geladen, um seine neue Duftkollektion vorzustellen: Pompöös No1 Skin Revolution. Am Rand steht ein Tisch mit Melonenstückchen und Himbeeren, eine kleine Bar mit Cola und Gurkenwasser. Es ist wohl eher ein Termin für Fotografen, denn es sind rund 15 von ihnen im Raum. Auf der Bühne posieren Meiritz und Glööckler minutenlang mit den Parfümfläschchen im Blitzlichtgewitter.

Harald Glööckler ist bekannt, weil er sein Gesicht so gestaltet hat, wie er es für schön hält. Er hat sich dafür vielen Operationen unterzogen, zuletzt einer Haartransplantation, wie er erzählt. Der 57-Jährige hat vor 35 Jahren seinen eigenen Jeansladen eröffnet, aus dem das Label Pompöös hervorgegangen ist. Einer breiten Öffentlichkeit wurde er bekannt durch Auftritte im Verkaufssender QVC, bei„ Let’s Dance“, im Dschungelcamp und zuletzt bei „Chez Krömer“. Gekommen sind viele Journalisten, auch weil der Berliner Modezar seit ein paar Tagen in den Schlagzeilen ist. Er habe das unheilbare Fibromyalgie-Syndrom, hieß es, eine chronische Krankheit, die mit großen Schmerzen verbunden sei.

Nach der Fotosession im Wintergarten lässt sich Glööckler einen Sessel auf die Bühne tragen und setzt sich dort für ein paar Interviews hin. Immer wieder fragen ihn Journalisten, wie es ihm gehe. Man habe sich „solche Sorgen gemacht“. Der 57-Jährige sagt: „Ich bin wunderbar am Leben, ich werde 100 Jahre alt, das was die Presse über mich schreibt, stimmt so alles nicht.“ Direkt danach sagt er aber etwas, dass ganz anders klingt: „Manchmal wache ich nachts auf und alles tut mir weh, und wenn ich dann morgens aufstehe, schmerzt jeder Schritt.“

Er trägt an diesem Morgen einen rotgoldenen samtenen Hosenanzug, unter dem Jackett ist nur seine tätowierte Brust zu erkennen. Während er spricht, streichelt er die ganze Zeit seinen Zwergspaniel Billy King. Der zwölf Jahre alte Papillon hatte einen ein Zentimeter großen Blasenstein, der entfernt werden musste. Die Operation sei erst wenige Tage her, deshalb muss der Hund ihn jetzt auf diesem Termin begleiten. Ein paar Mal nimmt er das Tier mit den Wimpelohren hoch, hält es in die Kamera.

Glööckler spricht über die Pflegeserie, die „Frauen wieder zu Prinzessinnen machen“ solle: „Wir alle haben nach den vergangenen zwei Jahren Hunger nach Leben.“ Früher seien Revolutionen dazu da gewesen, Kaiserreiche zu stürzen. „Meine Skin Revolution macht Frauen zu Kaiserinnen.“ Männer übrigens auch zu Kaisern, die Pflege-Kur sei für beide Geschlechter geeignet. Sie habe auch einen Lichtschutzfaktor, ersetze ein Peeling und pflege die Haut. Glööckler wörtlich: „Eine ungepflegte Haut braucht man gar nicht zu liften, das hilft gar nichts.“

Während die Cremes vorgeführt werden, spielt eine Violinistin die „Méditation“ aus der Oper „Thais“ des französischen Komponisten Jules Massenet. Das Luxury-Set mit vier verschiedenen Tuben kostet 666 Euro, das Basic-Set nur 266 Euro. Es hält bei normalem Gebrauch drei bis vier Monate. Ungefähr so lange kennt Harald Glööckler übrigens seine neue Geschäftspartnerin. Sie sagt, sie habe ihn im Mai dieses Jahres kennengelernt. Da gab es die Idee für das Produkt. Kaufen kann man es derzeit nur im Internet.

Am Ausgang des Adlon-Wintergartens werden knallpinkfarbene Papiertaschen verteilt. Auf der einen Seite steht der Name der Kosmetik-Frau, auf der anderen der Schriftzug „Queen of Cream“. Wer dachte, darin eine Probe der Creme zu finden, wurde enttäuscht: In den mit pinken Satinschleifen verschlossenen Tüte befindet sich ein Flyer und eine Visitenkarte. Als die Violinistin zu einem zweiten Lied ansetzen will, kreischt Harald Glööckler: „Nein, jetzt nicht!“